25. Februar 2015
Was versteht man unter dem Diabetes mellitus Typ 1?
90 Prozent der Menschen mit Diabetes mellitus haben einen Diabetes mellitus Typ 2, der besonders stark zunimmt. Weniger als 10 Prozent haben einen Typ 1-Diabetes. Entsprechend sind das etwa 400.000 Erkrankte. Der früher auch als „jugendlicher Diabetes“ bezeichnete Typ 1-Diabetes trifft vorwiegend jüngere Menschen, kann aber auch in höherem Lebensalter auftreten.
Ursachen
Ursache ist ein absoluter Insulinmangel, weil die Insulin-produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört werden. Das eigene körperliche Abwehrsystem produziert dabei Antikörper, ähnlich wie bei Rheuma-Erkrankungen oder Neurodermitis, in diesem Fall gegen die Insulin-produzierenden Zellen. Sie werden innerhalb weniger Monate zerstört. Als Ursache dafür werden Kombinationen aus genetischer Veranlagung, Infekte und / oder Umweltgifte angenommen. Genaue Ursachen sind bis heute trotz aller wissenschaftlichen Anstrengungen nicht geklärt. Die Antikörper können allerdings gut im Blut nachgewiesen werden und dienen zur Diagnostik.
Symptome
Ein Diabetes mellitus typ 1 macht sich durch meist über Tage und Wochen steigernde Anzeichen bemerkbar:
Ursache sind erhöhte Blutzuckerwerte, weil zu wenig Insulin im Körper ist. Insulin bringt unseren wichtigsten Energiestoff Zucker aus dem Blut in die Körperzellen. Ist nicht mehr genug Insulin vorhanden, weil die Produktionszellen in der Bauchspeicheldrüse zerstört sind, steigt der Blutzucker an und wird mit viel Wasser und anderen wichtigen Spurenelementen über die Niere ausgeschwemmt. Der Körper trocknet dadurch aus, verliert viele Kalorien mit dem Urinzucker, das Gewicht sinkt, das Abwehrsystem funktioniert nicht mehr so gut und die obengenannten Symptome entwickeln sich. Dies sollte Anlass sein, den Arzt möglichst schnell aufzusuchen und den Blutzucker überprüfen zu lassen.
Therapiemöglichkeiten
Ist die Diagnose gestellt, hilft nur eine Therapie mit Insulin. Das Insulin muss bislang immer noch unter die Haut gespritzt werden. Alle Versuche mit Insulin-Nasenspray oder Insulintabletten sind bislang wegen ungenauer Insulin-Zufuhr gescheitert.
Ziel einer Blutzuckereinstellung bei jüngeren Patienten ist ein Wert um 100 mg%. Bei älteren Patienten kann der Arzt dem Patienten aus Sicherheitsgründen auch höhere Zielwerte vorschlagen. Neben der Verhinderung von Symptomen, wie sie oben beschrieben sind, sollen durch normale Zuckerwerte langfristige Folgeschäden, die sich sonst über 5 bis 10 Jahre entwickeln können, verhindert werden.
Insbesondere seit Einführung der Blutzuckerselbsttestung durch kleine Messgeräte ist ein Patient mit Diabetes mellitus nach intensiver Schulung in der Lage, durch Abstimmung der Insulinmengen auf die gewünschten Zuckermengen (Kohlenhydrate) in der Nahrung ein Leben fast wie ein Mensch ohne Diabetes zu führen. Das Insulin-Spritzen ist durch kleinste Nadeln und Spritzhilfen, sogenannte Pens, sehr leicht gemacht worden, ebenso das Blutzucker-Messen. Einzige Einschränkung bleibt die Vermeidung von schnell im Darm aufgenommene Nahrungszucker, wie sie in nicht-diätetischen Erfrischungsgetränken und Fruchtsäften vorhanden sind. Bei guter Stoffwechsellage ist mit einer uneingeschränkten Lebenserwartung ohne Folgeschäden und unkomplizierten Schwangerschaften zu rechnen.
Eine intensivierte Insulintherapie (Basis-Bolus-Prinzip) für einen Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 setzt sich aus einem Verzögerungsinsulin, 1- bis 2-mal täglich gespritzt, und dem Mahlzeiteninsulin, je nach Kohlenhydratmenge, zusammen. Sollten die Blutzuckerwerte außerhalb des Zielbereiches liegen, kann zur Korrektur zusätzlich Insulin gespritzt werden.
Zur Früherkennung von Diabetes-Folgeschäden an Augen, Nieren und Füßen sind mindestens einmal jährliche Untersuchungen des Augenhintergrundes, der Eiweißausscheidung im Urin und der Füße wichtig.
Autor:
Dr. Jürgen Wernecke, Chefarzt Diabetologie/Geriatrie, AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM HAMBURG