Infektionen im Bereich von Zähnen, Zahnhalteapparat und Kiefer

25. Februar 2015

Jeder Mensch besitzt eine Vielzahl von Bakterien in seiner Mundhöhle. Diese sind zunächst einmal nicht schädlich, sondern haben mitunter sogar wichtige Funktionen. Mit unserer natürlichen bakteriellen Mundflora, so wie sie sich in den letzten Jahrmillionen im Laufe der Evolution entwickelt hat, leben wir in Symbiose. Ein Charakteristikum dieser Flora ist, dass das Wachstum schädlicher Bakterien durch eine große Zahl unschädlicher Bakterien unterdrückt wird.

Da wir jedoch mehr und mehr stark zucker- und kohlenhydrathaltige Lebensmittel zu uns nehmen, kommt es immer wieder zu Ungleichgewichten unserer natürlichen Mundflora.

Da die meisten Bakterien, insbesondere solche mit schädigendem Einfluss, ebenfalls mit Vorliebe die Kohlenhydrate aus der Nahrung verstoffwechseln, wachsen diese schädlichen Keime vermehrt. Sie können sich durch komplexe Mechanismen an die Zähne haften (Plaque) und langsam den Zahnschmelz abbauen – eine Karies entsteht. Entgegenwirken kann man dem am besten durch konsequentes und korrektes Zähneputzen.

Ähnliche Vorgänge laufen im Bereich des Zahnfleischs ab. Eine Zahnfleischentzündung (Gingivitis) entsteht, weil Bakterien im Übergangsbereich vom Zahn zum Zahnfleisch haften. Erfolgt keine adäquate Mund- bzw. Zahnpflege, wandert die Entzündung weiter in den Spalt zwischen Zahn und knöchernem Zahnfach und befällt den Zahnhalteapparat – die Parodontitis entsteht. Folge der unbehandelten Karies ist häufig eine schmerzhafte Entzündung des Zahnmarks oder sogar der Zahnwurzel. Sowohl die fortgeschrittene Zahnwurzelentzündung als auch die Parodontitis können langsam aber sicher den Knochen auflösen, der den Zahn umgibt. Dies kann sich durch immer wiederkehrende Zahnschmerzen und lockere Zähne äußern.

Jedoch muss sich nicht jede chronische Entzündung durch Schmerzen bemerkbar machen, bevor es zu Komplikationen kommt. Leider fallen unbehandelte Entzündungen im Bereich des Zahnhalteapparates und der Zahnwurzeln häufig erst auf, wenn diese in Form von Vereiterungen, sogenannten Abszessen, unterhalb der Mundschleimhaut in ein akutes Stadium übergehen. Durch die engen Nachbarschaftsbeziehungen von Oberkieferzähnen und Kieferhöhle sind Zahnwurzelentzündungen im Seitenzahnbereich des Oberkiefers wiederum eine häufige Ursache für immer wiederkehrende Kieferhöhlenentzündungen. Eine weitere schwerwiegende Komplikation besteht, wenn sich die Entzündung im Knochengewebe ausbreitet (Osteomyelitis).

Diagnostik

Beim Verdacht auf chronische Entzündungen im Bereich von Zähnen oder Zahnhalteapparat wird zunächst eine körperliche bzw. zahnärztliche Untersuchung vorgenommen und so die Diagnose gestellt. Dabei zeigen Klopfschmerzen an den Zähnen und verminderte Reaktion auf Kältereize bereits an, ob Zahnmark oder sogar der Bereich um die Zahnwurzel entzündet sind. Wackelnde Zähne wiederum sind ein Indiz für fortgeschrittene Entzündungsprozesse am Zahnhalteapparat. Konkretere Hinweise gibt hier das Übersichtsröntgenbild des Kiefers, das sogenannte OPG (Orthopantomogramm), auf dem sich die Entzündungen durch die bereits beschriebenen Knochenauflösungen zeigen. Weitergehende Fragestellungen, wie z. B. mögliche zahnbedingte Kieferhöhlenentzündungen, können mit zusätzlichen Bildgebungsmöglichkeiten wie dem CT (Computertomographie) oder dem DVT (Digitale Volumentomographie) beantwortet werden.

Therapie

Die Therapie von Entzündungen im Zahn oder Kieferbereich richtet sich nach der Frage, ob nur die Zähne oder bereits weitere Gewebe betroffen sind. Erkrankungen, die sich auf die Zähne und den Zahnhalteapparat beschränken, behandelt in erster Linie der Zahnarzt. Dieser wird entsprechend eine Parodontitisbehandlung mit gründlicher Säuberung der Zähne ober- und unterhalb des Zahnfleisches durchführen oder im Falle von Karies oder beginnender Zahnwurzelentzündung eine Füllungstherapie mit Wurzelbehandlung vornehmen. Handelt es sich um eine Entzündung im Bereich der Zahnwurzelspitze, die trotz Wurzelbehandlung keine Besserung zeigt, so kann im nächsten Schritt durch den MKG-Chirurgen eine sogenannte Wurzelspitzenresektion erfolgen. Dabei wird, meist unter örtlicher Betäubung, die Wurzelspitze im Rahmen eines kleinen chirurgischen Eingriffs gekappt und das umliegende entzündete Knochengewebe entfernt. Geht die Entzündung auch dann nicht zurück, so muss der betroffene Zahn gezogen werden, bevor weitere Strukturen Schaden nehmen.

Wenn Komplikationen bei chronischen Entzündungen von Zähnen und Zahnhalteapparat therapiert werden, schließt das in der Regel das Ziehen der verursachenden Zähne mit ein. Im Falle von Abszessen wird zunächst der Abszess, also die Vereiterung, eröffnet und eine antibiotische Therapie eingeleitet. Sobald die akute eitrige Entzündung nach einigen Tagen abgeklungen ist, werden die betroffenen Zähne extrahiert. Eine Vollnarkose wird eingeleitet, damit der MKG-Chirurg die durch die Zähne verursachte sogenannte dentogene Kieferhöhlenentzündung behandeln kann. Dabei werden ebenfalls, wie eingangs beschrieben, die entsprechenden Zähne gezogen und zudem die entzündete Schleimhaut in der Kieferhöhle schonend entfernt.

Zuletzt bleibt die Behandlung der Osteomyelitis, die sich als äußerst hartnäckig herausstellen kann. Sie bringt häufig eine langwierige antibiotische Therapie mit sich. Manchmal ist die operative Entfernung des betroffenen Knochengewebes die letzte Möglichkeit, das Fortschreiten der Infektion und eine schwerere Zerstörung des Kieferknochens zu verhindern.

 

Autor:
Steffen Schöpper, Weiterbildungsassistent MKG, AGAPLESION DIAKONIEKLINIKUM ROTENBURG