Narbenbruch / Bauchdeckenbruch

25. Februar 2015

Bei etwa 15 Prozent aller Patienten mit einem Bauchschnitt (Laparotomie) kommt es im späteren Verlauf (oft erst nach vielen Jahren) zu einem Narbenbruch, d. h. an einer oder mehreren Stellen weicht die Narbe auseinander. Dadurch entsteht eine mehr oder weniger große Lücke in der festen Bauchdecke (Defekt = Bruchpforte). Das Bauchfell (Bruchsack) wölbt sich mit Anteilen der Bauchorgane (Bruchinhalt = in der Regel Darm) nach außen unter die Haut – vergleichbar mit einem Leistenbruch.

Ursache

Die Ursache ist nicht vollständig geklärt. Von Bedeutung sind: Art des primären Bauchschnittes (längs oder quer), Operationstechnik des primären Nahtverschlusses (Einzel- oder fortlaufende Naht, Stichabstand, Fassen der einzelnen oder aller Bauchwandschichten), Nahtmaterial (auflösbar oder nicht auflösbar) sowie allgemeine Faktoren wie Nikotinabusus und Bindegewebeschwäche (sogenannte Kollagenkrankheit).

Pro Jahr werden in Deutschland mehr als 50.000 Narbenbruchreparationen durchgeführt, so dass auch diese Operation einen hohen klinischen und ökonomischen Stellenwert hat. Zudem ist sie technisch sehr schwierig und kann, wenn ein großes Netz eingesetzt werden muss, sehr teuer sein.

Symptome

Die Symptome sind Vorwölbung, Druckgefühl, Ziehen und Schmerzen vor allem bei Belastung. Auch hier kann der Bruchinhalt eingeklemmt werden (akut heftigste Schmerzen) und eine lebensbedrohliche Situation entstehen, so dass sofort operiert werden muss. Zur präzisen Diagnostik ist neben der klinischen Untersuchung und der Sonographie (Ultraschall) eine Computertomographie notwendig, vor allem zur exakten Ausmessung des Herniendefektes.

Operation

Die Operationsindikation ist in der Akutsituation einer Einklemmung, bei Beschwerden und bei Größenzunahme gegeben. Je kleiner der Bruch, desto leichter und komplikationsärmer ist die Operation.

Bei jedem Bruch mit einer Bruchlücke größer als 2 bis 3 Zentimeter wird die Bauchdecke mit einem Kunststoffnetz verstärkt. Denn bei alleinigem Nahtverschluss der Bruchlücke ist die Rezidivgefahr (> 30 Prozent Rückfälle) sehr hoch. Wenn ein Netz implantiert wird, kann die Rezidivrate auf circa 5 Prozent gesenkt werden. Die Operationsmethode ist entweder offen oder laparoskopisch. Prinzipiell muss nicht nur die gesamte Narbe mit dem Netz verstärkt werden, sondern das Netz muss auch sämtliche Lücken um mindestens 3 bis 5 Zentimeter überlappen. Nur so kann ein erneuter Rückfall weitestgehend vermieden werden. Eine aufwendige Operation erfolgt in Abhängigkeit von Größe der Narbe und Größe des Bruchs.

Das Netz kann offen oder in minimal-invasiver Technik eingebracht werden. Der Vorteil der offenen Bauchdeckenrekonstruktion ist, dass damit auch sehr große Bauchwandbrüche sicher verschlossen werden können. Nachteilig bei der offenen Operation ist, dass hier ein großer Schnitt erforderlich ist mit entsprechender Traumatisierung der Bauchdecke und großer Wundfläche. Die Gefahr steigt, dass Wundheilungsstörungen und Flüssigkeitsansammlungen entstehen. Der Behandlungsverlauf kann dadurch verlängert werden. Der Vorteil der Laparoskopie sind geringere Schmerzen und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt. Außerdem treten  nur sehr selten Hämatome, Seromen (Flüssigkeitsansammlungen) oder Wundheilungsstörungen auf. Nachteilig kann sein, dass nicht selten ausgedehnte Verwachsungen im Bauchraum zu lösen sind. Dabei besteht ein gewisses Risiko, dass der Darm verletzt wird. Und: Da bei dieser Operationsmethode ein direkter Kontakt zwischen Netz und Darm nicht zu umgehen ist, muss ein spezielles Netz implantiert werden, das Verwachsungen zum Darm mit möglichen nachteiligen Folgen für die Darmpassage ausschließt. Ein derartiges Netz ist ausgesprochen teuer.

Zusammenfassend muss zum jetzigen Zeitpunkt festgestellt werden, dass die Entscheidung für Laparoskopie oder für die offene Operation immer individuell und im Einzelfall getroffen werden muss. Eine grundsätzliche Empfehlung kann nicht gegeben werden.

 

Autor:
Dr. med. Matthias C. Raggi, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, AGAPLESION BETHESDA KRANKENHAUS STUTTGART

Mehr Informationen:
http://vimeo.com/33601135

Abbildung 1 Narbenbruch

Abbildung 2 CT