SimPat – Ganzheitliche Versorgung von Patienten mit Demenz

26. Oktober 2017

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Rahmen des „Aktionsplans Dienstleistung 2020“ unter der Maßnahme „Dienstleistungsinnovationen durch Digitalisierung“ das Konzept SimPat – ein ganzheitliches Konzept zur Versorgung demenzerkrankter Menschen mit verschiedenen Erkrankungen. SimPat steht für „Sicherung intersektoraler Versorgung durch ein IT-gestütztes Dienstleistungskonzept für multimorbide Patienten mit Demenz“.

Was heißt das? Menschen mit Demenz leiden häufig an weiteren altersbedingten Krankheiten, wie beispielsweise Diabetes oder Frakturen in Folge von Stürzen. Daher haben diese Patienten vielfältige Unterstützungsbedarfe, die über die unmittelbar von der Demenz ausgehenden Bedarfe hinausgehen. Neben stationären und ambulanten medizinischen Leistungen unterschiedlicher Fachärzte sind auch Reha-Maßnahmen, Therapien und Pflegeleistungen notwendig, zum Teil stationär, zum Teil aber auch im häuslichen Umfeld. Eine ganzheitliche, patientenorientierte Versorgung baut demnach auf einer Vernetzung der verschiedenen Fachrichtungen und Professionen auf, die teilweise in unterschiedlichen Sektoren des Gesundheitssystems agieren.

Die Projektpartner haben bereits Erfahrung mit dieser komplexen Versorgungssituation: Die Herausforderung besteht darin, alle notwendigen Informationen zentral zusammenzuführen, damit alle Beteiligten des Netzwerks bedarfsgerecht darauf zugreifen können. Während der Patient die benötigten Informationen bisher häufig selbst zusammenstellt und in der Regel auch die Umsetzung von Arztverordnungen wie Medikationen oder Weiterbehandlungen verantwortet, kann der an Demenz erkrankte Patient zu seinem Fallmanagement mit Fortschreiten der Krankheit immer weniger beitragen. Stellvertretend für den Patienten müssen daher Verwandte und Betreuungspersonen regelhaft in die Prozesse eingebunden werden.

Ziel des interdisziplinär angelegten Verbundprojekts SimPat ist es, ein IT-gestütztes Fallmanagement zu entwickeln, in der Praxis zu implementieren und zu evaluieren. Die IT-Lösung soll multimorbide Patienten mit Demenz, deren Angehörige und Pflegende in dem Versorgungsprozess unterstützen und die Interaktion zwischen den unterschiedlichen Leistungserbringern erleichtern. Zusätzlich erweitern E-Learning-Module das Wissen zu relevanten, versorgungsbezogenen Themen.

In seiner Komplexität geht SimPat über die Einsatzmöglichkeiten im Gesundheitswesen hinaus: Digitalisierung als zentraler Wachstums- und Innovationstreiber der Gegenwart verändert die Interaktion in Dienstleistungsprozessen. Sie macht immer komplexere Systeme zuverlässig beherrschbar und ermöglicht Dienstleistungsinnovationen durch die Verknüpfung bislang getrennter Dienstleistungssysteme (hier: Medizin, Pflege, Reha).

Dr. Markus Horneber, Konsortialführer SimPat und Vorstandsvorsitzender AGAPLESION gAG, umreißt die betriebswirtschaftliche Dimension: „SimPat ist damit ein Beispiel für die elektronische Abbildung komplexer Dienstleistungssysteme, die trotz fortschreitender Standardisierung eine höchstmögliche Individualisierung verlangen.“ Doch worum es im Kern geht, ist am Ende „eine neue Qualität der Versorgung und damit die Steigerung der Lebensqualität der Patienten und der betreuenden Angehörigen bei gleichzeitiger Entlastung der professionell Pflegenden.“

Im Juli 2017 wurden dazu erste Ergebnisse und Lösungsansätze auf der „TELEMED 2017 – 22. Nationales Forum für Gesundheitstelematik und Telemedizin“ vorgestellt. Weiterhin wurden die Ergebnisse der Prozessanalyse im August 2017 auf dem 16. Weltkongress für Medizinische Informatik (MEDINFO2017) präsentiert. Aktuell arbeitet die Projektgruppe an der konkreten Fallmanagement-Lösung, also welche Daten z. B. aus dem führenden Krankenhausinformationssystem in die Plattform übernommen werden, welche Aufgaben dargestellt werden und welche E-Learning Inhalte zu erstellen sind.

Das interdisziplinäre Projekt wird von sechs Partnern aus ganz Deutschland durchgeführt:
AGAPLESION gemeinnützige AG, Frankfurt
Projektleitung und Koordination
AGAPLESION ELISABETHENSTIFT, Darmstadt
Mithilfe bei der Analyse und Umsetzung einer prototypischen Fallmanagement-Lösung
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Institut für Innovationsforschung
Anwenderorientierte Gestaltung des vernetzten Dienstleistungssystems und Innovationsprozesses
Deutsche Stiftung für chronisch Kranke, Fürth
Evaluation mit zugehöriger Situations- und Bedarfsanalyse
TU Braunschweig, Peter L. Reichertz Institut f. Medizinische Informatik der TU Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover
Entwicklung und Implementierung eines integrierten einrichtungsübergreifenden IT-Systems für das Fallmanagement
Sector5 GmbH, Köln
Erarbeitung und Umsetzung eines E-Learning Konzeptes

Projektumfang: rund 1,7 Mio. Euro, davon 70 % Förderung durch BMBF
Projektlaufzeit: 10 / 2015 bis 04 / 2019

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie im Internet unter www.simpat-demenz.de